Filamentkombinationen im 3D-Druck:
Warping vermeiden, Haftung verbessern

Das Drucken von Materialien wie ABS, ASA, TPU oder PP stellt viele Nutzer von FDM-3D-Druckern vor Herausforderungen: Warping, schlechte Betthaftung und komplexe Materialanforderungen machen hochwertige Drucke oft schwierig. Doch es gibt eine einfache und energiesparende Methode, mit der diese Probleme reduziert werden können – ohne dass ein teurer Multimaterialdrucker notwendig ist.

Warping Filamentkombination 3D Druck

Was ist Warping?

Warping – auch Materialverzug genannt – beschreibt das Abheben und Aufwölben von Druckteilen, typischerweise an den Ecken der ersten Schichten. Warping entsteht durch Schrumpfung des Materials beim Abkühlen. Besonders ABS (Schrumpfung – ca. 1 %) und ASA sind hiervon betroffen. Die Ecken heben sich vom Druckbett ab, Bauteile verziehen sich oder Lagen lösen sich voneinander. Das führt nicht nur zu funktionellen Problemen, sondern auch zu optischen Mängeln. Besonders bei größeren Druckteilen tritt Warping verstärkt auf und kann den Druck vollständig unbrauchbar machen.

Filamente dehnen sich beim Aufheizen aus und ziehen sich beim Abkühlen wieder zusammen.
Unterschiedliche Abkühlgeschwindigkeiten zwischen den Schichten erzeugen Spannungen.
ABS, HIPS, PETG schrumpfen stärker als PLA.
Größere Bauteile verstärken das Problem.
Zugluft, offene Fenster oder ein aktiver Lüfter während der ersten Schichten fördern das Abheben.
Verunreinigtes Druckbett und falscher Düsenabstand reduzieren die Anfangshaftung.
Zu hohe Druckgeschwindigkeit, falsche Düsentemperatur oder unzureichender Flow verstärken das Problem
Beheiztes Druckbett aktiv nutzen: PLA: 50–60 °C / ABS: 90–110 °C
Lüftersteuerung: Ersten Schichten: Lüfter ausschalten oder stark drosseln.
Druckraum isolieren: Drucker in geschlossenem Gehäuse oder zugluftfreiem Raum platzieren.
Reinigen des Druckbetts: Öl- und staubfreie Oberfläche bevorzugt.
Haftmittel verwenden: PVA-Klebestift, Haarspray, 3D-Lack, PEI-/Buildtak-Platten.

Hilfskonstruktionen nutzen:

Brim: Rand um das Modell – wenig Material, besserer Halt.
Raft: Mehrlagige Unterlage – stabil, aber materialintensiv.
Skirt: Nur Randlinie – hilft zum Filamentstart, nicht bei Haftung.
Druckgeschwindigkeit reduzieren: Langsameres Drucken = weniger Spannung.

First Layer optimieren

Temperatur 10–15 °C höher als Standard.
Flow erhöhen, Geschwindigkeit senken (z. B. 10–30 mm/s).
Z-Höhe näher am Druckbett einstellen.
Weniger schrumpfende Materialien: PLA, ASA bevorzugen statt ABS, HIPS.
Hochwertige Filamente nutzen: Konstanter Durchmesser, gute Verarbeitung minimieren Fehlerquellen.

Warping auch ohne beheiztes Gehäuse verhindern

Materialien wie ABS und ASA benötigen in der Regel hohe Druckbett- und Umgebungs-Temperaturen, was den Einsatz geschlossener Gehäuse, beheizter Kammern und damit auch einen erhöhten Energieverbrauch erforderlich macht – ein nicht zu unterschätzender Nachteil im privaten oder semi-professionellen Bereich. Eine gute Lösung bietet hier die Kombination verschiedener Filamente.

Filamentkombinationen mit PLA oder PETG als Basis

Ein Material mit sehr guter Betthaftung (z. B. PLA) wird als erste Schicht auf das Druckbett gedruckt. Darauf folgt das Hauptmaterial (z. B. ABS, ASA, TPU oder PP). Das Ziel ist eine stabile Verbindung zum Bett – ohne Warping – bei gleichzeitigem Erhalt der gewünschten Materialeigenschaften im Endprodukt. Diese Methode nutzt die Vorteile beider Materialien und minimiert die Nachteile.

Vorteile

Stabilere Druckergebnisse auch bei widrigen Umgebungsbedingungen
Vermeidung von Warping
Verbesserung der Betthaftung
Energieeinsparung durch niedrigere Temperaturen (z. B. 60 °C Bett reicht aus)
Kein Multimaterialdrucker notwendig (Filamentwechsel per G-Code oder manuell)
Reduzierung von Druckabbrüchen
Möglichkeit zur Kombination mechanischer Eigenschaften

Materialkombinationen im Test

KombinationErgebnisBesonderheit / NachteilEmpfehlung / AnwendungZusatzinfo / Tipps
ABS auf PLAGute Verbindung, kaum WarpingPLA lässt sich kaum vom ABS lösenNur geeignet, wenn keine Entfernung der PLA-Schicht notwendig istHohe Haftkraft, mechanisch belastbar, schwer lösbar – ideal für Gehäuse oder robuste Funktionsteile
ASA auf PLASehr gute Haftung, kein WarpingPLA-Schicht lässt sich gut abziehenIdeal für kalte Werkstätten und offene DruckerOptisch saubere Unterseite, da PLA meist gleichmäßig abschert
ASA auf PETGEbenfalls sehr gute Haftung, kaum WarpingÜbergang etwas weicher als bei PLA, PETG weniger sprödeGut geeignet, wenn PLA zu empfindlich oder schwer entfernbar istPETG-Basis mit leicht erhöhter Bett-Temp. (ca. 70 °C) optimiert Übergang
TPU auf PLA/PETGGute Haftung auf beiden, aber schwer zu trennenEntfernen der Basisschicht schwierigFür funktionale Teile, bei denen die Unterseite nicht elastisch sein muss (z. B. Druckfüße)Abreißlaschen mit 0,4 mm Dicke konstruieren; flexible Teile mit steifer Basis einfacher zu verarbeiten
PP auf PLAKeine HaftungChemisch inkompatible OberflächenenergieKombination ungeeignet
PP auf PETGModerate Haftung, kleine Teile möglichNur bei geringer Belastung sinnvollFlächige Bauteile mit geringem Haftdruck, PETG als potenzielles SupportmaterialVor allem bei komplizierten Geometrien und Überhängen testen

Grenzen und Risiken der Methode

Bei großen Bauteilen:

Warpingkräfte können PLA-Basisschicht überfordern
Einhausung und beheizte Umgebung ggf. weiterhin notwendig
Mechanische Belastung auf Grenzfläche beachten

Schichttrennung bei falscher Kombination:

Zu starke Haftung (z. B. TPU auf PETG) erschwert Entfernung
Zu geringe Haftung (z. B. PP auf PLA) führt zu Druckabbrüchen
Zwischenhaftungstests und Layer-Adhäsionstests empfehlenswert

Nicht alle Kombinationen sind reversibel:

PLA ist von ABS kaum trennbar, ASA hingegen gut
Geplante Trennung erfordert Testdrucke oder Abreißlaschen
Vor der Serienproduktion sollten Belastungstests erfolgen
Vorgehensweise bei Einzel-Extruder-Druckern
  1. Modell im Slicer mit PLA-Profil vorbereiten
  2. Materialwechsel-Schicht bestimmen (z. B. 0,4 mm für zwei Schichten PLA)
  3. An dieser Höhe G-Code-Befehl einfügen:M600 ; Filamentwechsel M109 Sxxx ; Zieltemperatur für zweites Filament (z. B. S250 für ABS)
  4. Weiterdrucken mit Hauptmaterial
  5. Kühlung und Retraction-Einstellungen anpassen, um Materialübergang sauber zu halten
Vorgehensweise bei Multimaterialdruckern
  • Einfach per Extruderwechsel im Slicer (z. B. PrusaSlicer, Bambu Studio)
  • Objekt ggf. vorher mit Trennfunktion (Shortcut „C“) in zwei Teile schneiden
  • Optimierte Purge-Einstellungen für sauberen Übergang
Temperaturangleichung im Slicer: Beide Filamentprofile auf gleiche Bett-Temperatur setzen (z. B. 60 °C)
Optional: Kurze Übergangsphase mit reduzierter Geschwindigkeit

Fazit

Die Kombination von Filamenten zur Optimierung von Haftung und Warping ist eine äußerst effektive Technik im FDM-3D-Druck. Besonders für Nutzer ohne Zugang zu professionellen Drucksystemen oder speziellen Druckplatten bietet diese Methode eine günstige und leicht umsetzbare Alternative.

Besonders empfehlenswert:

ASA auf PLA: Gute Trennbarkeit, kein Warping, einfache Handhabung
ABS auf PLA: Gute Ergebnisse, wenn keine Trennung notwendig ist
TPU auf PETG: Für funktionale Teile mit robustem Unterbau

Wichtig ist das systematische Testen und Dokumentieren eigener Kombinationen, da Drucker, Filamentchargen und Umweltbedingungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Die Kombination verschiedener Materialien bietet nicht nur praktische Vorteile, sondern eröffnet auch kreative Freiheiten im Bauteildesign.

FAQ zum Warping beim 3D Druck

Weitere Tipps & Tricks

Test-Modelle mit Trennschichten konstruieren für reproduzierbare Ergebnisse
Eigene Druckparameter dokumentieren für spätere Replikation
Vergleichstests durchführen mit verschiedenen Filamentchargen
Rückmeldung in Foren oder Communities einholen, um Kombinationen weiterzuentwickeln

Produkte gegen Warping – Bewährte Helfer

Um Warping wirksam zu verhindern, setzen erfahrene 3D-Drucker auf spezielle Produkte, die entweder die Haftung auf dem Druckbett verbessern oder thermische Spannungen reduzieren. Hier sind die bewährtesten Lösungen im Überblick:

Dimafix Haftspray

Haftspray

Was ist Dimafix?

Ein spezieller Haftvermittler in Sprayform, der bei beheiztem Druckbett (>50 °C) eine extrem starke Verbindung zwischen Druckbett und Bauteil herstellt. Beim Abkühlen (<40 °C) lässt sich das Modell leicht ablösen

Vorteile:

Starke Haftung für große & verzugsanfällige Teile
Rückstandsfreies Entfernen nach dem Druck
Für Glas- und Aluminiumdruckbetten geeignet
Raise3D PEI Druckbett

PEI-Druckbett

Was ist PEI?

PEI (Polyetherimid) ist ein spezieller Kunststoffbelag, der auf flexible Metallplatten oder direkt auf Heizbetten aufgebracht wird. Er bietet von Natur aus sehr gute Haftung – ohne zusätzliche Kleber oder Sprays.

Vorteile:

Dauerhafte Haftung für PLA, PETG, ABS, TPU u. a.
Kein Nachbehandeln oder Reinigen nach jedem Druck
In Verbindung mit magnetischem Druckbett sehr komfortabel
Haftstift Magigoo

Haftstift

Was ist Magigoo?

Ein leicht aufzutragender Flüssigkleber in Stiftform, speziell für 3D-Drucke. Bei Hitze haftet er stark, bei Abkühlung löst sich der Druck von selbst

Vorteile:

In Varianten für PLA, PETG, ABS, PP, PA erhältlich
Einfach aufzutragen und abwaschbar
Kein Spraynebel oder unangenehmer Geruch
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